Dienstag, 25. Juli 2017

auf dem Weg nach Budweis liegen Rosenthal und Michnitz



Jetzt bin ich auf dem Weg nach Budweis und habe immer noch die Hoffnung, Michnitz zu finden.
Auf meinen Karten konnte ich es nicht entdecken, aber auf Google wurde ich soweit fündig, dass mir in etwa klar war, wo ich die Hauptstrasse zu verlassen hatte. Und siehe da, auf einmal taucht sogar ein kleines Schild mit dem gesuchten Namen auf.
Dan geht die Suche aber ziemlich lange weiter, was mich nicht stört, da die Gegend landschaftlich sehr schön ist und ich mit dem Auto vor mich hintrödeln kann, ohne ein Verkehrshindernis zu sein.

Zuerst finde ich mich in Rozmital na Sumave wieder, das in früheren Zeiten Rosenthal im Böhmerwald hieß. Bereits 1259 wurde es gegründet, wie man es in einer Urkunde des Bischofs von Prag nachlesen kann. Auch die Kirche Mariä Himmelfahrt stand zu dem Zeitpunkt schon, wurde natürlich später mehrfach umgebaut.
Von weitem strahlt sie in der Sonne auf dem Hügel.
Rund um die Kirche entdecke ich viele alte Gräber, aber sehr wenig Spuren der jahrhundertealten deutschen Vergangenheit.


der Ort thront auf einem Hügel

an der Wand eine der wenigen verbliebenen Grabplatten mit
deutschen bzw österreichischen Namen

hier noch ältere Zeugnisse

Urnen stehen hier in der frischen Luft und sind nicht vergraben

unbeachtet und doch sehenswert...

der Eingang zur Kirche ist leider versperrt

das schmiedeeiserne Tor wurde von einer deutschen Gemeinde
gespendet- so steht es auf einem Schild


Ich hätte mir die Kirche gerne angesehen, aber niemand, den ich traf, sprach deutsch oder englisch. Einmal wurde mir in eine Richtung gedeutet, wo ich vielleicht Hilfe bekäme, aber eigentlich schien mir eher niemand helfen zu wollen. Bei allem Verständnis für Ereignisse in der Vergangenheit finde ich die Situation merkwürdig. Ich wollte nicht Besitz von der Kirche ergreifen und auch nicht den Ortsnamen gegen den früheren ersetzen.
So blieb mir nichts anders übrig, als zwischen den engen Gitterstäben hindurchzuschauen und schöne Wandgemälde und diverse deutsche Sprüche zu entdecken.  Die meisten aber nur, indem ich meinen Fotoapparat hoch über meinem Kopf in Richtung Kirche kippte, da die Stäbe in meiner Augenhöhe nicht einmal ein vernünftiges Foto zuließen, geschweige denn einen guten Blick auf das Kircheninnere.  So habe ich leider hinterher erst gesehen, was ich gerne wirklich mit meinen Augen gesehen hätte.

Ich setze meine Suche nach Michnitz, das heute Michnice heißt, fort.
Ein Ortsschild Kaplice, ehemals Kaplitz, ist mir auch schon begegnet. Hier gab es wohl einen Bahnhof, von dem viel die Rede war. Das Bahnhäuschen habe ich heute nicht gefunden.


am Bahnsteig in Kaplitz vor 22 Jahren


Die Orte liegen alle nur ein paar Kilometer auseinander. Durch die hügelige Landschaft und die gewundenen verzweigten Strassen zwischen großen Feldern und Wäldern tue ich mich trotzdem schwer.
Wer Einsamkeit sucht, dürfte hier fündig werden!

Es ist mir klar. Erst, wenn der Heilige Nepomuk auftaucht, weiß ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin! Wie oft hat mein Vater diese Statue erwähnt! Und wie groß war der Jubelschrei seiner Schwester 1995, also vor 22 Jahren, als wir mit dem Auto den Nepomuk erreichten. Sie war ja noch nie nach dem Krieg wieder dort gewesen und hat mit ihren 81 Jahren nur ihre Erinnerungen von früher im Kopf.
Und plötzlich erscheint er in einer Kurve! Eigentlich hätte ich nun auch einen lauten Jubelschrei ausstoßen müssen, meine Begeisterung war wahrscheinlich noch lauter.


der Nepomuk!!!


Es kann nicht mehr allzu weit sein zu den paar Häusern mit dem großen Gehöft der Erinnerung.

Geschafft!!!
Nun werde ich plötzlich ganz schüchtern und kämpfe mit mir, ob ich jemanden anspreche. Die Erfahrung in Rozmital hat mich verunsichert. 2 Gelegenheiten lasse ich ungenützt und will wegfahren, dann schaut mich ein Mann auf dem Trecker genauso neugierig an, wie ich ihn, und ich spreche ihn an. Er versteht mich nicht, aber holt seinen Chef, einen jungen Mann. Ein Österreicher aus dem Salzkammergut, wie ich erfahre.
Er hat bald nach unserem Besuch 1995 das Gut gekauft und lebt hier glücklich mit seiner Familie.
Die Kanadier, die damals kurzfristig Besitzer waren, hatten ihren Plan, hier Pferde zu züchten, nicht genug durchdacht und aufgegeben. Der jetzige Besitzer wirkt mir auch sehr viel realistischer als die euphorischen jungen Leute damals.
Er wußte auch, dass irgendwo rechts ganz früher, also vor 1945, kleine Steinhäuser gestanden haben sollen. Die gab es schon 1995 nicht mehr. Aber meine Tante konnte davon erzählen, weil ihre Großeltern und andere Verwandte dort wohnten. Sie selbst wurde bereits 1915, also kaum 2 Jahre alt, dorthin verfrachtet und blieb bis zur Einschulung bei ihrer Großmutter. Selbst danach verbrachte sie die Ferien meist da, weil die neue Frau des Vaters mit dem anderen Kind -meinem Vater- ausgelastet war. Für sie war dies ein zeitlebens bestehendes Trauma, was aber niemanden interessierte.

Ich darf mich frei bewegen und bin später zufrieden und wehmütig zugleich wieder weggefahren.


hier geht es in den großen Hof

die alte Scheune heute

Gebäudereste vor 22 Jahren-Versuch von Pferdezucht 

Feuerholz davor...

das alte Haus dahinter...

der Hof vom Hügel aus

einige der Stallungen heute

wie vor 22 Jahren  -  die Zeit scheint stehengeblieben zu sein

der junge Eigentümer schlägt hier richtig Wurzeln

wehmütiger Abschied

ein kleiner Teich am Gehöft- ob da früher die Kinder 
planschen durften?



In dieser wunderschönen Landschaft fällt es mir sehr schwer weiterzufahren. Irgendwie fühle ich mich so, als würde ich hierher gehören...

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