Freitag, 21. Juli 2017

Erinnerungen am Tisch


Von Krumau nach Freistadt sind es nur knapp 50 km auf landschaftlich sehr schöner Strecke. Kurz vor Freistadt nehme ich eine Abkürzung hinein ins Umland, um den Bauernhof meiner Verwandten zu suchen.
Ich komme durch kleine Mühlviertler Dörfer und entdecke ein paar schöne Dreiseit- Bauernhöfe, die aus Granitsteinfelsen erbaut sind. Da Kalk zu teuer war, wurden große Granitsteine eingefügt und blieben unverputzt. Diese Methode nennt sich Steinbloß- Stil. Die Dächer der Gebäude waren mit Stroh gedeckt.

Mühlvierteler Hof
 Mühlvierteler Hof im Steinbloß Stil
Bauernhof im Steinbloß- Stil

Das Licht am späten Nachmittag verzaubert die schöne Landschaft total.
Überall duftet es nach frisch gemähtem Gras. Am liebsten möchte ich mich hineinlegen und nicht mehr weiterfahren.





Die kleine Kirche Maria Schnee am Hiltschnerberg wurde erst vor etwa 40 Jahren erbaut, um mit ihrem direkten Blickkontakt den Eisernen Vorhang zur Wallfahrtskirche Maria Schnee beim Heiligen Stein zu überwinden.

Maria Schnee am Hiltschnerberg

Ein großer Granitstein spielt neben der Madonna die Hauptrolle in einer Legende, die an eben diesem Stein im Böhmerwald rastete. Schon 1653 wurde die erste Kapelle über diesem Stein errichtet.




 Endlich habe ich mich durchgefragt. Da hier noch jeder jeden kennt, war es gar nicht so schwer.

Verdutzt steige ich aus meinem Auto aus. Es hat sich Einiges verändert seit meinem letzten Besuch vor ein paar Jahren.
Der Torbogen an der Einfahrt ist weg, dafür gibt es ein neues Wohnhaus. Zum Glück stehen die alten Gebäude noch, sonst wäre ich sehr enttäuscht gewesen.
Vor dem neuen Haus türmen sich Kinderschuhe. Im alten Haus hört keiner mein Klingeln. Im Stall gucken die Kühe mich gleichgültig kauend an.


Es dauert ein bisschen, bis ich neue Geräusche höre. Die Kühe bekommen frisches Heu, und mitten im Staub, der wie Gold durch die tiefstehenden Sonnenstrahlen wirbelt, entdecke ich meinen Verwandten. Die Freude ist groß über den sehr überraschenden Kurzbesuch, und er weiss, wie er die anderen zusammentrommeln kann. Schon sitzen wir um den großen Tisch, mit dem ich so viele Erinnerungen verbinde.
















Mit offenen Augen tauche ich in die Vergangenheit ein.

der Tisch meiner Kindheitsträume

meine Verwandten...."die Alten"

"die Jungen"

Mit etwa 10 Jahren, also 1955, saß ich das erste Mal mit meiner Tante hier, und wie damals noch üblich, wurde aus einer großen Schüssel gegessen. Der Tisch ist derselbe wie damals, einen Fernseher gab es noch nicht. Nur wir zwei Besucherinnen aus der Stadt Linz erhielten Extrateller. In meiner Erinnerung ist der Tisch natürlich viel größer.
Besonders beeindruckt haben mich damals, wie heute immer noch, die dicken Mauern des Gebäudes.

Ein kleiner Rundgang durch die verschiedenen Gebäude und drumherum rundet meinen Blitzbesuch ab. Der Gedanke, dass dies vielleicht mein letzter Besuch hier gewesen ist, gefällt mir gar nicht.

die ganz jungen Kälber mit ihren Hütten

die Jungen

das Alte

Waldi bestaunt Alt und Jung

Jetzt sind es wieder 3 Generationen, die auf dem Erbhof leben. Lange diskutieren wir über die Zusammenhänge unserer Verwandtschaft, die leider mit mir in meiner Linie völlig auseinander fließt. Sie haben mittlerweile Ahnenforschung betrieben, und wir durchstöbern das dicke Buch. Aber es bezieht sich eben alles auf die Ahnen, und ich werde wie immer nicht schlau aus den vielen Geschwistern meiner Urgroßeltern väterlicherseits und den angeheirateten Familienmitgliedern.

Meine eigenen Kinder haben gar keine Beziehung mehr zu Österreich. Wenn ich nicht so eine enge Beziehung zur Schwester meines Vaters gehabt hätte, hätte ich gar nichts über die Wurzeln auf väterlicher Seite erfahren. Dank WhatsApp und Co ist es bei gutem Willen heutzutage viel leichter, solche Kontakte zu pflegen. Aber Interesse muss aber immer auf beiden Seiten vorhanden sein. Da mein Vater schon als junger Mann seine Heimat verlassen hat und fast nichts erzählte, außer von seiner Schulzeit in Freistadt, konnte auch nichts aufgebaut werden. Er selbst ist bis ins hohe Alter einmal im Jahr nach Linz, Freistadt und Umgebung gefahren. Auch da hat er nur die Überlebenden seiner Abiturklasse erzählt, die natürlich immer weniger wurden und das war`s dann. 
Die Namen sind mir bis heute noch alle geläufig. Viele sind Geschäftsinhaber geworden oder hatten ein Hotel. Zu etlichen Namen kenne ich die Geschichten von 1920-1938, also aus seiner Schulzeit. Alles andere hat mir seine Schwester erzählt und mich auch zu einigen Orten geführt. Aber gefühlsmäßig weiß ich immer noch zu wenig. Viele Fragen bleiben unbeantwortet, und daran wird sich leider jetzt nichts mehr ändern. 

es wird Abend beim Bauernhof


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